Arachnologische Mitteilungen 35

Leiobunum religiosum , neu für Deutschland 31 der Mayener Tiere kann vorläufig nur spekuliert werden. Wir gehen davon aus, dass sich die Popu- lation erst nach Schaffung der künstlichen Stein- bruch- und Höhlen-Strukturen etablieren konnte (siehe Ökologie). Nach H ÖRTER (1994) wurden zur Gewinnung vonMühlsteinen bei Mayen bereits vor 300 n. Chr. großflächig tiefe Abbauschluchten angelegt. Ab 1400 n. Chr. entstanden die senkrecht verteuften Gruben und anschließenden unterirdi- schen Abbauhallen, wie sie heute die Landschaft prägen. Erst der moderne Tagebau förderte die Schaffung großflächiger Felswände, an denen L. religiosum heute leicht aufzufinden ist. Da bereits seit Römerzeiten rege Handels- undWarenströme über eine Linie Trier-Lyon entlang der Westalpen bestanden, bleibt eine Verschleppung ab diesem Zeitraum denkbar. Die Möglichkeit einer rezen- ten Einschleppung sollte in Zusammenhang mit anderen zoogeographisch auffälligen Neufunden troglophiler Faunenelemente in Deutschland un- tersucht werden (z. B. Troglophilus neglectus Krauss, 1878 (Orthoptera, Raphidophoridae); in disjunkten Populationen: Fichtelgebirge: Z INKE 2000;Mayen: K IEFER et al. 2000; Elbsandstein-Gebirge: B RUNK et al. 2003). Somit ist auch ein autochthones Vor- kommen nicht auszuschließen. Ökologie Leiobunum religiosum wurde bisher lediglich im „Mayener Grubenfeld“ bei Mayen nachgewiesen. Die Gruben mit ihren senkrechten, glatten Ba- saltwänden (Abb. 4) sind meist dicht bewaldet, ener Gruben wahrscheinlich nicht lebensfähig. Gefährdungssituation Aufgrund der bis dahin un- klaren Artzugehörigkeit des Mayener Materials fand Lei- obunum religiosum keine Be- rücksichtigung in der aktuellen Roten Liste der Weberknechte Deutschlands (M USTER et al. im Druck). Aufgrund der strengenHabitatbindung ist die Art als kaum ausbreitungsfähig einzustufen, ein bei zunehmen- der klimatischer Erwärmung sich verstärkender Effekt. Es ist daher auch wahrscheinlich, dass sich ihr Verbreitungsgebiet wodurch ein feucht-kühles Mikroklima entsteht. Die Höhlen bieten Rückzugsmöglichkeiten bei ungünstiger Witterung. L. religiosum rastet hier tagsüber an geschützten Stellen und patrouilliert nachts die glatten Basaltwände auf Nahrungssuche. Eine Bestandsschätzung ist aufgrund der hohen Wände schwierig. Innerhalb einer überschaubaren Grube wurden bei einer Nachtbegehung ca. 30 Exemplare gezählt. Es dürfte sich demnach um eine gut etablierte Population handeln. Außerhalb der Gruben wurde die Art nicht nachge- wiesen, dafür zahlreiche andere, meist thermophile Arten, die Fels- und felsähnliche Biotope dominier- ten: Leiobunum sp. sensuW IJNHOVEN et al. (2007), Opilio canestrinii (Thorell, 1876) (3  , CJM 6004), O. parietinus (Thorell, 1876) (1  , CJM6005), Pha- langium opilio Linnaeus, 1758 (kein Beleg), Odiellus spinosus (Bosc, 1791) (1  , CJM 6002, bodennah) – alle A. Schönhofer leg. 1.10.2007, N: 50°20’, E: 7°14’,TK25: 5609. Keine dieser langbeinigen Arten wurde innerhalb der Gruben gefunden, obwohl O. canestrinii in direkter Umgebung sehr häufig war. Lediglich Leiobunum rotundum (Latreille, 1798) wurde innerhalb wie außerhalb der Gruben nachge- wiesen (4  , CJM 5995). Diese Individuen hielten sich in der Vegetation auf, so dass eine Begegnung mit L. religiosum wahrscheinlich vermieden wird. Diese Beobachtungen unterstreichen die starke Habitatbindung und bewirken wahrscheinlich Konkurrenzvermeidung gegenüber L. religiosum . Die ursprünglich südwest-alpine Art ist außerhalb der stabilen klimatischen Bedingungen der May- Abb. 2: Leiobunum religiosum ,  , Deutschland, Mayen, CJM 5992; Pedipalpus von lateral, Maßstab 0,5 mm. Fig. 2: Leiobunum religiosum ,  , Germany, Mayen, CJM 5992, pedi- palpus, lateral view, scale line 0.5 mm.

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