Arachnologische Mitteilungen 35

Arachnol. Mitt. 35 (2008) 69 Buchbesprechungen Ein so umfangreiches Werk, das auf so vielen Autoren basiert, bietet auch Angriffsfläche. Der wichtigste Mangel ist dem Verlag anzulasten. Die Fotos lebender Tiere in unterschiedlichen Lebenssituationen sind mit viel Sorgfalt erstellt, aber keines ist farbig reproduziert, und die meisten sind mit viel zu geringem Kontrast wiedergegeben. Das ist dem heutigen Stand der Technik nicht angemessen. Wie bizarr tropische Weberknechte sein können, zeigt das Deckelfoto, das einzige in Farbe. Im Morphologie-Teil fehlt eine Übersicht über die äußere und innere funktionelle Anatomie von Legeröhren und Penes. Diese Strukturen sind z. T. extrem kompliziert gebaut, und manche Penistypen werden ähnlich einem Bulbus der We- bespinnen über ein Hydrauliksystem bewegt und entfaltet. In den Familienkapiteln sind alle Formen abgebildet, und dort spielen sie für die Abgrenzung der Familien eine erhebliche Rolle. Selbst für phylogenetische Ableitungen sind sie bedeutsam. In der jetzigen Darstellung erschließen sich die komplexen funktionellen und phylogenetischen Zusammenhänge indes nicht. Kleinere Mängel sind selten, und die bemerkt wohl nur hin und wieder der Spezialist, wie auch Druckfehler kaum auffindbar sind. Die Quellen für die überaus reiche Bebilderung sind gut dokumentiert; der größteTeil des Bildmaterials stammt ja nicht von den Autoren selbst. Diese notwendigen Angaben fehlen bei den Sclerosomatidae (Fig. 4.11). Die Fig. 4.33 (S. 212) ist in geringer Auflösung wiedergegeben und somit „unscharf“. DieTable 7.1 über „Seasonal patterns of activity for a range of species…“ provoziert man- chen Widerspruch. Man merkt, dass die Angaben aus der Sicht der Britischen Inseln (D. J. Curtis) und Brasiliens (G. Machado) die gut bekannten mitteleuropäischen Verhältnisse zu den Reifezyklen nicht gut interpretieren können. Z. B. werden für Trogulus acht Aktivitätsmuster angegeben (für 2 Arten) mit jeweils nachgewiesener Aktivität in zwei bis acht Monaten des Jahres. Jeder mitteleuropä- ische Feldarachnologe weiß indes, dass Trogulus eurychron ist, Adulte bzw. Junge das ganze Jahr über zu finden sind und nur unter Schnee eine gewisse Ruhephase herrschen kann. Für Ischyropsalis hellwi- gi und I. kollari wurden bereits 1969 (Zool. Jb. Syst. 96: 145-146) komplette Jahreszyklen publiziert. Diese fehlen zugunsten unvollständiger Angaben. In „Opiliones“, Tierwelt Deutschlands 64, 1978, finden sich die Jahreszyklen für alle besser be- kannten Arten Mitteleuropas, sogar nach Ländern differenziert; davon ist nichts „rübergekommen“. Fig. 10.1.C zeigt kein Dicranolasma sondern einen Trogulus . Dieses Werk wird Dank der akribischen geduldigen Arbeit der Herausgeber und der Auto- ren trotz aller Einwände den Weberknechten viele neue Freunde zuführen; wenn auch kaum über den hohen Preis des Bandes. Das dargestellte Wissen mag erdrückend erscheinen, dennoch stehen wir in vielen Wissensgebieten noch immer am Anfang. Viele tropische Faunen sind überhaupt noch nicht bekannt und sterben gegenwärtig unter unseren Händen hinweg, ohne dass sie Namen hätten oder die Biologie dieser Arten auch nur ansatzweise bekannt wäre. Nicht nur hier gilt es mit Nachdruck weiterzuarbeiten. Jochen Martens

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