Arachnologische Mitteilungen 55
Neue Spinnen und Weberknechte für Schleswig-Holstein 19 Art (Blick et al. 2016) ergibt sich keine Gefährdung. Interes- santerweise wird P. rufus in der Roten Liste Niedersachsens nicht aufgeführt (Finch 2004). Für Niedersachsen existieren nur Nachweise ab 2010 (AraGes-Atlas 2017). Psilochorus simoni (Berland, 1911) (Araneae, Pholcidae) Der Erstnachweis für Schleswig-Holstein erfolgte im Sep- tember 2008 in einem Keller in Norderstedt (leg. Eta) (Lem- ke 2009). Ein weiterer Nachweis folgte am 16.10.2010 eben- falls in einem Keller: Lübeck N/O 1 ( , 53°52,192/10°41,645 im Wohnhaus des Autors, ein dritter Anfang Oktober 2014 in einem Keller in Kiel 1 ( , N/O 54°23,418/10°10,800 (leg. Schneider-Bujak). Weitere Nachweise gelangen am 23.01.2015 im Rahmen der Besammlung der Gewächshäu- ser der Gärtnerei und im öffentlichen Teil des Botanischen Gartens der Christian Albrecht Universität in Kiel (1 ( & 2 juv, 54,348197°/10,115655°, leg. & Coll. Wolff ). Diese Art stammt ursprünglich aus dem subtropischen Amerika und wurde nach Europa eingeschleppt. Sie kommt hier ausschließlich synanthrop vor und wird selten nachge- wiesen (Kostanjsek & Ramsak 2005). Für den Faunenraum Schleswig-Holsteins wird daher vermutet, dass sie weit ver- breitet ist, aber aufgrund der speziellen Habitatpräferenz nur zufällig in Kellern gefunden wird. Innerhalb Deutschlands wird diese Art immer nur in geringen Individuenzahlen nachgewiesen (Blick et al. 2006). Steatoda grossa (C. L. Koch, 1838) (Araneae,Theridiidae) Bis Januar 2016 wurden sämtliche Nachweise dieser im Jahr 2006 erstmals für Schleswig-Holstein nachgewiesenen Kugelspinne in und an Gebäuden innerhalb der Altstadt Lübecks erbracht. Bis auf die Ausnahme zweier Männchen, welche an Außenmauern in anderen Teilen der Altstadt ge- funden wurden, stammen alle Nachweise aus der Wohnung oder dem Keller des Hauses des Verfassers. Diese Art ist in der Wohnung so regelmäßig anzutreffen, dass nicht jeder Fund aufgenommen wird. Sie lebt hier vor allem im Boden- bereich, wo sie unter Möbeln und auf Höhe von Fußleisten Gespinste webt, ist aber auch, wenn es Versteckmöglichkeiten gibt, weiter oben an Wänden zu finden. Im Januar 2016 wur- de von S. grossa in Tarp, Kreis Schleswig-Flensburg ein adul- tes Weibchen in einem Apartment gefunden (1 ( ) und zur Bestimmung an das Senckenbergmuseum in Frankfurt am Main geschickt, wo es genitalmorphologisch bestimmt ( Jäger in litt.) wurde (54°39,730/09°24,642, leg. A. & T. Dappert, Coll. SMF 66108 - 115). Aufgrund der neuen Nachweislage ist diese Art nicht mehr als extrem selten und „R“, sondern als ungefährdet zu betrachten. Diskussion Unter den hier genannten elf für Schleswig-Holstein neu- en Arachnidenarten ist ein Weberknecht ( Anelasmocephalus cambridgei ). Für die Berechnung der Gesamtartenzahl an Webspinnen wurden der Artnachweis von Araniella inconspi- cua in der aktuellen Rote Liste bereits berücksichtigt (Lemke et al. 2013). Die Zahl der in der Roten Liste genannten Ge- samtartenzahl des Bundeslandes erhöht sich damit von den in der Roten Liste genannten 563 (Lemke et al. 2013) um neun auf 572 Arten (Stand 16.12.2017). In den zurückliegenden zwölf Jahren hat der Autor 26 Spinnenarten und eine Weberknechtart neu für Schles- wig-Holstein nachgewiesen. Die Artenzahl der Spinnen in Schleswig-Holstein zeigt einen nahezu stetigen Zuwachs ohne erkennbar einsetzende Sättigung (Abb. 6). Die gering- fügige Abflachung im Jahr 2016 kommt dadurch zustande, dass der Autor zum Ende des GBOL-Projektes (voraus- sichtlich Ende 2018) seine Aufsammlungen in anderen Bun- desländern intensiviert und darum weniger in Schleswig- Holstein aktiv ist. Bei einem Teil der Erstnachweise blieb es bis dato bei nur einem einzigen Fund. Die Hintergründe hierfür sind nicht monokausal. Unklar ist, ob diese Arten nur extrem selten im Bundesland vorkommen (dafür sprächen Vorkommen in benachbarten Regionen) oder ob dem jeweiligen Nachweis keine stabile Population zugrunde liegt und die Art somit nicht wirklich in Schleswig-Holstein etabliert ist. Für eine stabile Population sprechen wiederholte Nachweise über ei- nen längeren Zeitraum, welche jedoch auch bei etablierten sehr seltenen Arten fehlen können. Andererseits können in- nerhalb längerer Zeiträume immer wieder auch Einzeltiere ohne stabile Population auftreten. Bei Arten, für die nach ei- nem Erstnachweis keine erneuten Nachweise gelingen, muss konstatiert werden, dass der Erkenntnisumfang mittel- bis langfristig nicht ausreicht, die Frage der dauerhaften Zuge- hörigkeit zur Fauna des Landes sicher zu bewerten. Eine Ge- fährdungseinstufung als „D“ (Datenlage defizitär) erscheint dem Autor in solchen Zweifelsfällen geboten. Allerdings sieht das Klassifizierungsschema des BfN in keiner Konstel- lation die Möglichkeit vor, eine extrem selten nachgewiesene Art mit „D“ einzustufen. Wenn kein kurzfristiger oder lang- Abb. 6: Zuwachs der Anzahl nachgewiesener Spinnen- arten in Schleswig-Holstein 2004-2017 Fig. 6: Increase in the num- ber of spider species de- monstrated for Schleswig- Holstein 2004–2017
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