Arachnologische Mitteilungen 55

Arachnologische Mitteilungen 55: iii-viii Karlsruhe, April 2018 Nachruf/Obituary Prof. Dr. Otto Kraus 1930–2017 Prof. Dr. Otto Kraus, Ehrenmitglied der Arachnologischen Gesellschaft, Wissenschaftler und Hochschullehrer, verstarb am 24. Oktober 2017 in Hamburg im Alter von 87 Jahren. Prof. Kraus wurde in Frankfurt am Main am 17. Mai 1930 geboren, besuchte zunächst die Schule in Frankfurt, mit kriegsbedingter Unterbrechung dann weiter in Butzbach, wo er 1949 die Reifeprüfung bestand. Vom Sommersemes- ter 1950 bis zumWintersemester 1954/55 studierte er an der Johann Wolfgang Goethe-Universität in Frankfurt Zoolo- gie, Botanik, Geologie/Paläontologie und Geographie. Seine Lehrer waren unter anderen Prof. Herrmann Giersberg, Prof. Peter Rietschel, Prof. Rudolf Richter und der damalige Sen- ckenberg-Direktor Prof. Robert Mertens. Gleichzeitig war er bereits als ehrenamtlicher Mitarbeiter bereits am Forschungs- institut Senckenberg in der zoologischen Abteilung tätig, wo auch seine Dissertation 1955 unter der Anleitung von Robert Mertens entstand. Diese behandelte Myriapoda sowie Ara- neae aus El Salvador, zwei Tiergruppen die neben anderen Arachnida seine wissenschaftliche Arbeit einen Großteil sei- ner Karriere begleiten sollten. Seine Habilitationsschrift fer- tigte Kraus im Jahr 1965 über die Odontopygoidea an, eine Überfamilie der Diplopoda und – bahnbrechend – diskutierte die Homologiekonzepte für die einzelnen Komponenten der Gonopoden. Noch in Frankfurt beschäftigte er sich bereits mit Fragen der zoologischen Nomenklatur, beeinflusst von den Senckenbergern Rudolf Richter und Robert Mertens. In die Frankfurter Zeit fiel auch die Organisation des Arachnologischen Kongresses 1965 in Frankfurt am Main, der als Startschuss der Internationalen Kongresse und der CIDA bzw. ISA angesehen wird. Im Jahr 1969 folgte Otto Kraus einem Ruf auf eine H4- Professur an die Universität Hamburg. Unter den vielen zoo- logischen Kursen, die er im Laufe der Jahrzehnte dort unter- richtete, war es vor allem die von Studenten extrem beliebte „Allgemeine Zoologie“, mit der er Generationen zukünftiger Biologen begeisterte. Als Mentor und Doktorvater zahlrei- cher Studenten übertrug sich nicht nur seine eigene Begeis- terung über zoologische Diversität und Evolutionsbiologie, sondern auch sein starker Fokus auf Feinheiten der verglei- chenden und funktionalen Morphologie, die Bedeutung von Museumssammlungen, nomenklatorischen Richtlinien und visuellen Darstellungsmethoden vom technischen Zeichnen zur Makrofotografie auf die nächste Generation zoologischer Forscher. Sein Hauptinteresse galt zweifellos den Arthropo- den, aber sein zoologisches Interesse war viel breiter. Insbe- sondere die Mollusken (das Thema seiner frühesten Publika- tionen) hatten einen besonderen Platz, was dazu führte, dass Otto Kraus auch gern malakologische Dissertationen betreu- te. Als Vertrauensdozent der Studienstiftung des deutschen Volkes (1979–1995) ging sein Einfluss als akademischer Mentor weit über das Zoologische Institut hinaus. Immer bereit, wissenschaftliche Organisationen zu unterstützen und aufzubauen, nahm er eine Vielfalt von führenden Rollen an. Er war Präsident der Internationalen Kommission für Zoo- logische Nomenklatur (1989–1995) und später auch verant- wortlich für die 4. Ausgabe des ICZN Code (1999). Über viele Jahre (1978–1982, 1996–1997, 1998–1999) war er Prä- sident der Joachim Jungius-Gesellschaft der Wissenschaf- ten in Hamburg. Er übernahm die Schriftleitung des Na- turwissenschaftlichen Vereins in Hamburg (Präsidentschaft 1970–1974) und editierte in deren Schriftenreihen auch die Publikationen der 20. und 21. Phylogenetischen Symposia (Hamburg 1975 und Göttingen 1976). Otto Kraus stand im Mittelpunkt der frühen Entwick- lung und Diskussion der phylogenetischen Systematik. Auf der einen Seite war er einer der ersten der Prof.Willi Hennigs Methode in Deutschland aufgriff und, zusammen mit Prof. Peter Ax als Herausgeber der Zeitschrift Zoomorphology, auf der konsequenten Anwendung von Hennigs Prinzipien bestand. Auf der anderen Seite übersetzte er ein bedeuten- des Werk des amerikanischen Evolutionsbiologen Prof. Ernst Mayr, ein maßgebender Kritiker von Hennigs Methode, ins Deutsche. In den 50er bis 70er Jahren prägte Otto Kraus das Feld der Myriapodologie in Deutschland. Während des ersten In- ternationalen Myriapodologischen Kongresses in Paris 1968 war er Mitbegründer des Centre International de Myriapo- dologie (= International Society of Myriapodology). Heute Porträt von Prof. Dr. Otto Kraus

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