Arachnologische Mitteilungen 55

Arachnologische Mitteilungen 55: ix-x Karlsruhe, April 2018 Theridion betteni Wiehle, 1960 ist eine der eher selten gefun- den Kugelspinnenarten Europas. Im Atlas der Spinnentiere Europas (Arachnologische Gesellschaft 2018) erscheinen zu dieser zwischen West- und Osteuropa verbreiteten Art 27 Fundmeldungen und Sammlungseinträge in Deutschland. Basierend auf einem Teil dieser Nachweise ist T. betteni in Süddeutschland und nördlich bis zum Raum zwischen Saar- land und Ostsachsen verbreitet; die nördlichsten Funde stam- men aus dem Harz. Die Art scheint eher offene Lebensräume zu bevorzugen, z. B. felsige Habitate bzw. Stellen mit gerin- ger, lückiger Vegetation. Eine Anfrage von Evgeny Zhukovets mit Bezug zum Sta- tus dieser Art in Weißrussland brachte die Frage auf, nach wem diese Art eigentlich benannt ist bzw. welcher Mensch sich hinter diesem Namen verbirgt. Mit Hilfe von Theo Blick und Rico Quaschny vom Stadtarchiv Iserlohn konn- te recht bald der Kontakt zwischen uns beiden hergestellt werden, was die Zusammenführung von Informationen aus der Spinnenforscher- und -forschungsgemeinschaft mit In- formationen aus der Familie und dem Lebensumfeld Hans Bettens erlaubte, hat der Zweitautor als Neffe Hans Betten schließlich noch persönlich gekannt. Auf diese Weise fügten sich in kurzer Zeit wesentliche Mosaiksteine zusammen und ergaben das Bild eines den Menschen und insbesondere der Natur und Naturforschung zugewandten Mannes, der leider viel zu früh verstorben ist. Hans Betten wurde am 14.11.1915 in Iserlohn geboren. Schon als Schüler hatte er großes Interesse an der Natur und verbrachte viel Zeit mit Beobachtungen im Stadtwald. Er züchtete Mäuse, hielt Ringelnattern, fing Mäuse und Kröten. Im Schlafzimmer stand ein „Ameisenbeobachtungskasten“ und im Garten legte er einen noch heute bestehenden Sumpf an, um die heimischen Wasserpflanzen und -tiere zu studie- ren. Im Stadtarchiv sind noch Teile eines Herbariums erhal- ten, das damals von ihm begonnen wurde. Nach dem Abitur und obligatorischem Arbeitsdienst begann er 1935 das Stu- dium der Biologie und Chemie an der Universität Bonn. Er beendete es 1941 mit einer als „Sehr gut“ beurteilten Disser- tation über „Die Stinkdrüsen der Corixiden“ (Betten 1943) und der Promotion zum Dr. rer. nat. Danach wurde er zur Wehrmacht eingezogen und in ver- schiedenen Lazaretten zur Erforschung der Malaria einge- setzt. Nach dem Krieg konnte Hans Betten seine akademi- sche Karriere zu seinem großen Leidwesen nicht fortsetzen, da es an den zerstörten Universitäten keine Neuanstellungen gab. Er unterrichtete von 1946 bis 1948 aushilfsweise am Märkischen Gymnasium in Iserlohn. Es folgte die Ausbil- dung für das Lehramt an höheren Schulen in Biologie und Chemie. Dass dies seinem Interesse und seiner Begeisterung für die Naturforschung nicht schadete, zeigt ein aus dieser Zeit stammender Fachartikel (Betten 1951) zu einem Eipa- rasitoiden des Gelbrandkäfers Dytiscus marginalis Linnaeus, 1758, der noch auf Beobachtungen während des Studiums zurückgeht. Nach bestandenen Prüfungen wurde er 1955 an ein Gymnasium in Bochum-Wattenscheid versetzt, blieb aber in Iserlohn wohnen. Der Mitautor erinnert sich lebhaft an zahlreiche Exkursi­ onen imWald sowie chemische Experimente zuhause und ist sich sicher, „Ich habe dabei mehr über die Natur gelernt als in der ganzen Schulzeit.“ Die vorliegenden Quellen zeichnen das Bild eines sehr aktiven, vielseitig interessierten, hilfsbe- reiten, gebildeten und bescheidenen Menschen mit viel Hu- mor.Weiterhin werden sein Sinn für Gerechtigkeit und seine tiefe Religiosität hervorgehoben (Betten 1957,Westfalenpost 1960). Zwar hat Hans Betten keine eigenen Forschungen zur Taxonomie oder Biologie von Spinnen veröffentlicht, wie es Wiehles Widmung bei der Beschreibung von Theridion betteni vielleicht nahelegte: „Sie sollen nach einem für un- sere Wissenschaft viel zu früh verstorbenen Arachnologen (Dr. rer. nat. Hans Betten) benannt werden“ (Wiehle 1960b: 249), dennoch erscheint sie bei genauerem Hinsehen mehr als angemessen. So sammelte und sandte Hans Betten ihm bereits gut zehn Jahre zuvor jene Tiere zu, die Wiehle dann als Theridion neglectum beschrieb. Diese Art wurde später mit T. mystaceum L. Koch, 1870 synonymisiert (Prośzyński & Starega 1971). Bei Wiehle heißt es: „Im Juli 1949 sandte mir Geschichte der Arachnologie/Arachnological History Hans Betten – Ein unbekannter Spinnenforscher Hans Betten – An unknown arachnologist Porträt von Hans Betten

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