Arachnologische Mitteilungen 58

66 H. Höfer, F. Meyer, T. Bauer, S. Bayer, I. Harry & L. Kastner Clubionidae Clubiona alpicola Kulczyński, 1882 (Abb. 10) – Alpensackspinne Neu für Baden-Württemberg Material. DEUTSCHLAND, Baden-Württemberg, See- bach, SB 1, in Bodenfalle, 20.-22. Juni 2017: 1 ( (SMNK- ARA 14762); ME 1, Handfang, 7. Juli 2016: 1 ( (SMNK- ARA 12882); Vergleichsmaterial: Allgäu, Oberstdorf, Söllereck (1900 m), 11. Juni - 4. Juli 2007: 2 (( (SMNK- STUD 000320, 020641); POLEN, Schneekoppe (50,7364°N, 15,7397°O; Schotterfeld, 1300 m), 11. Juli 2010: 3 (( (SM- NK-ARA 08533, 08535). Determination. Blick et al. (1995), Wiehle (1965) Clubiona alpicola wurde in Deutschland in Blockhalden im Fichtelgebirge, im Harz und im Bayerischen Wald gefun- den (Blick et al. 1995), sonst gibt es nur wenige Nachweise aus den (deutschen) Alpen (Höfer et al. 2010, Muster 2001), aber z. B. zahlreiche aus österreichischen (auch in Lesestein- haufen, Komposch pers. Mitt.), schweizerischen (Schenkel 1925) und italienischen Alpengebieten sowie Gebirgen in Polen (Rozwalka & Stachowicz 2015, Kulczyński 1882: Ty- pus aus der Hohen Tatra), der niederen Tatra in der Slowakei (z.B. Růžička 1989) und besonders aus Tschechien (Blick et al. 1995). Wiehle (1965) kannte C. alpicola noch nicht aus Deutschland, erwartete aber Vorkommen im deutschen Al- penraum. Aktuell sind keine Nachweise aus Skandinavien bekannt (Nentwig et al. 2018). Mikhailov (2003) schlägt, ohne Sichtung des Materials, pauschal alle Nachweise von Clubiona frutetorum L. Koch, 1867 aus dem Kaukasus und dem Kopet-Dag C. alpicola zu. Daher sollten insbesondere die Meldungen vor 2003 aus der Kaukasus-Region überprüft und möglichst mit Abbildungen belegt werden. Die Art lebt wohl ganz überwiegend in vegetationsarmen Biotopen, unter Steinen oberhalb der Waldgrenze und in Blockhalden der Mittelgebirge und wird wohl aufgrund de- ren inselartigen Verbreitung und meist erschwerten Zugäng- lichkeit höchstwahrscheinlich nur sehr selten gefunden. Sie kann als Blockhaldenart und Eiszeitrelikt mit disjunkter Ver- breitung in Mitteleuropa bezeichnet werden. Eine Gefähr- dung wird nicht angenommen und für Bestandstrends sind die vorliegenden Daten ungenügend, Deutschland hat aber eine besondere Verantwortung für die hochgradig isolier- ten Vorposten am Nordwestrand der Verbreitung dieser Art (Blick et al. 2016). In den 13 Blockhalden im Nordschwarz- wald wurden nur 2 Weibchen gefangen. Dagegen haben Frit- ze & Blick (2010) 30 Tiere (Männchen und Weibchen) in 5 Untersuchungsgebieten im Fichtelgebirge gesammelt und nach Schikora (2015) ist sie in Blockhalden im Harz regel- mäßig und zahlreich zu finden.Weibchen bewachen ihre Eier und Jungspinnen im Gespinstsack unter Steinen (Abb. 10; vgl. Schikora 2015). Clubiona frutetorum L. Koch, 1867 – Spatelsackspinne Material. DEUTSCHLAND, Baden-Württemberg, See- bach, AS 2, in Bodenfallen, 23. Aug. - 20. Sep. 2017 und 29. Juni -26. Juli 2018: 3 )) ; SB 1, 23. Aug. - 20. Sep. 2017: 2 )) (SMNK-ARA 14962, 14963, 15836, 15837); Rheinland- Pfalz, Bienwald, Freifläche im Wald (49,0113°N, 8,1021°O; 130 m), in Flug- und Malaise-Fallen, Juni-Oktober 1996, Juli 1997: 5 )) und 5 (( (SMNK-ARA 02756, 02759, 02764, 04137, 06209, 06210). Determination. Wiehle (1965) Clubiona frutetorum ist in Baden-Württemberg bisher an vier weit voneinander entfernten Orten (Eppingen, Stuttgart,Tü- bingen, Lörrach) gefunden worden, alle Nachweise liegen vor 1997 (Arachnologische Gesellschaft 2019). In der Roten Lis- te der Webspinnen Baden-Württembergs (Nährig & Harms 2003) steht sie auf der Vorwarnliste (V), in der Roten Liste für Deutschland (Blick et al. 2016) ist sie als mäßig häufig und ungefährdet gelistet, die Datenlage ist aber ungenügend. In Europa reicht die Verbreitung von Portugal (Morano et al. 2018) bis nach Russland (Mikhailov 2013). Während keine Nachweise aus Großbritannien vorliegen, existiert in Irland eine etablierte Population in Castlequarter, Co. Galway in Burren, einem Kalksteingebiet mit Blockhalden ähnlichen Biotopen (Nolan & Cawley 2009). Die Art lebt in der niedrigen Vegetation, auch auf Bäu- men an Freiflächen und wird am häufigsten beim Klopfen oder in Malaise-Fallen (automatische Zeltfallen, die beson- ders zum Fang von fliegenden Insekten eingesetzt werden) gefangen, am Boden eher in vegetationsarmen Biotopen (Kü- stendünen, Sümpfen), außerdem in Steinbrüchen und an Ge- bäuden (Arachnologische Gesellschaft 2019, Schikora 2015). Ihre Lebensweise in höheren Straten ist sicher ein Grund für die wenigen Nachweise. Gnaphosidae Echemus angustifrons (Westring, 1861) (Abb. 11a-b) – Engstirn-Mausspinne Material. DEUTSCHLAND, Baden-Württemberg, Berau, südwestexponierte steile Granit-Blockhalde im Schwarza- Tal (NSG Schwarza-Schlücht-Tal), Bodenfalle, 27. Mai - 30. Juni 2016: 2 )) (SMNK-ARA 15778, 15779). Determination. Grimm (1985) Aus Baden-Württemberg existiert bisher nur eine historische Meldung von Pforzheim-Süd (als Echemus rhenanus, Bösen- berg 1902), die von Reimoser (1937) zitiert wird. Entspre- chend wird die Art in Nährig &Harms (2003) als verschollen oder ausgestorben (Kategorie 0) gelistet, in Deutschland ist sie insgesamt sehr selten und als stark gefährdet angesehen (RL 2, Blick et al. 2016). Die Art ist in Europa (von Por- tugal, Sizilien und Griechenland bis nach Südskandinavien), Aserbaidschan und Zentralasien (Südrussland) verbreitet Abb. 10: Clubiona alpicola mit Eiern im Gespinst unter einem Sandstein- block am Melkereikopf im Nationalpark Schwarzwald Fig. 10: Clubiona alpicola female with eggs in the sac-like retreat under a sandstone block in the Black Forest national park (Melkereikopf)

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