ARACHNOLOGISCHE GESELLSCHAFT

Spinne des Jahres 2005

Die Zebraspringspinne Salticus scenicus (Clerck, 1757)

Die Zebraspringspinne dürfte den meisten Menschen bekannt sein: wer hat nicht schon mal an einem sonnigen Tag die kleinen schwarzweiß-gestreiften Spinnen an Mauern oder Holzwänden gesehen? Aber wer hat mit den kleinen Untermietern schon gespielt, wer kennt ihren Namen? Die Arachnologische Gesellschaft (AraGes) und zum ersten Mal in Kooperation die belgische arachnologische Gesellschaft ( ARABEL) wählten die Zebraspringspinne zur Spinne des Jahres 2005. Mit der ersten internationalen Aktion soll über die deutschsprachigen Grenzen hinweg eine Spinnenart stellvertretend für die über 1300 zentraleuropäischen Spinnenarten die Gruppe der Spinnen in der breiten Öffentlichkeit bekannter und beliebter machen. Die Spinne des Jahres 2005 ist damit die erste Art in den jährlichen Projekten zum Schutz einzelner Arten, die zusammenfassend für mehrere Länder ausgewählt wurde.

Die Zebraspringspinne gehört zu den Springspinnen (Familie Salticidae). Sie ist eine von 99 mitteleuropäischen Arten, die sich vor allem durch zwei Merkmale von anderen Spinnen unterscheiden: 1. Sie erbeuten Insekten im Sprung, bauen also keine Fangnetze und 2. ihre Frontaugen sind enorm vergrößert. Die anderen sechs Augen sind in drei Querreihen auf dem Vorderleib so angeordnet, dass die Spinne sogar nach hinten schauen kann.Springspinnen sind allesamt eher kleine Spinnen, die dem Beobachter hauptsächlich durch ihre hüpfende Fortbewegungsweise auffallen.

Der Name der Zebraspringspinne erklärt sich beim ersten Anblick von selbst: der Körper, vor allem der Hinterleib ist mit einem schwarz-weißen Zeichnungsmuster versehen. Letzteres entsteht durch verschiedenartig gefärbte, kleine Schuppenhaare. Die anderen 4 mitteleuropäischen Arten der Gattung Salticus lassen sich durch das Zeichnungsmuster eindeutig unterscheiden: Nur Salticus scenicus besitzt auf ihrem Vorderleib einen paarigen weißen Fleck und auf dem Hinterleib drei breite dunkle Querbänder.

Männchen tragen im Gegensatz zum Weibchen überlange Giftklauen, mit denen sich Rivalen in der Paarungszeit von Mai bis August bedrohlich wirkende Kämpfe liefern. Meist gehen solche Rituale glimpflich aus, wobei der Unterlegene die Arena verlässt. Die Körperlänge misst in beiden Geschlechtern 4 bis 7 Millimeter. Die Beine sind im Vergleich zu anderen Spinnen eher kurz, wodurch die Zebraspringspinnen kompakter erscheinen.

Beim Beutefang schleicht sich Salticus langsam an ein Insekt an und springt aus einer Entfernung von etwa einem Zentimeter auf die Beute und überwältigt sie, indem sie diese mit ihren Giftklauen packt und ihre Beine um sie schlingt. Neben dem Beutefang spielen die Augen bei dem Balztanz der Männchen eine Rolle.

Der Gesichtssinn ist so gut entwickelt, dass man sogar mit ihr „spielen“ kann: wenn man einen Grashalm in einiger Entfernung vor ihr bewegt, richtet sich die Spinne sofort zu diesem hin und lässt sich hin- und herlenken.

Die Zebraspringspinne kommt in Deutschland von der Nordseeküste bis zum Alpenrand recht häufig vor. Wie bisher bei jeder "Spinne des Jahres" sind Fundmeldungen (möglichst mit Bildnachweis) aus ganz Deutschland zur Vervollständigung der Verbreitungskarten sehr willkommen. Auch in Europa ist Salticus scenicus weit verbreitet. Außerhalb Europas kommt diese Art im nördlichen Asien und in Nordamerika vor.

Salticus scenicus kommt besonders im Siedlungsbereich an und in Gebäuden vor, bewohnt daneben aber auch Felsen oder Zaunpfähle. Bei der Verbreitung v.a. in von Menschen beeinflussten Habitaten kann man wohl davon ausgehen, dass diese Art auch in Zukunft nicht bedroht sein und uns noch lange aus ihren bezaubernden Augen anschauen wird.

Autoren der Textvorlage: Peter Jäger, Martin Kreuels

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  • Dalwigk, H.-B. v. (1973): Über die Temperaturabhängigkeit von Instinkthandlungen bei Libellenlarven (Aeschna cyanea MÜLL.) und Springspinnen (Salticus scenicus CL.). - Zoologischer Anzeiger 190: 361-380.
  • Dill, L. M. (1975): Predatory behavior of the zebra spider, Salticus scenicus (Araneae: Salticidae). - Canadian Journal of Zoology 53 (9): 1284-1289.
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  • Valesova-Zdarkova, E. (1966): Synanthrope Spinnen in der Tschechoslowakei (Arach., Araneae). - Senckenbergiana biol. 47 (1): 73-75.

Organisation "Spinne des Jahres"
Dr. Leon Baert (B), Dr. Peter Jäger (D), Dr. Martin Kreuels (D).

Adressen der deutschen Ansprechpartner
Dr. Martin Kreuels, (BioNetworX c/o AraDet), Alexander-Hammer-Weg 9, 48161 Münster, eMail: kreuels@bionetworx.de
Dr. Peter Jäger, Senckenberg Museum, Terrestrische Zoologie Abt. Arachnologie, Senckenberganlage 25, 60325 Frankfurt, eMail: peter.jaeger@senckenberg.de

Kuratorium zur Wahl der "Spinne des Jahres"
Mark Alderweireldt (B), Léon Baert (B), Lynda Beladjal (B), Gernot Bergthaler (A), Theo Blick (D), Dries Bonte (B), Jan Bosselaers (B), Domir de Bakker (B), Christa Deeleman (NL), Herman De Koninck (B), Oliver-David Finch (D), Ambros Hänggi (CH), Frederik Hendrickx (B), Peter Jäger (D), Rudy Jocque (B), Martin Kreuels (D), Dirk Kunz (D), Andreas Malten (D), Alphonse Radermecker (B), Danny Vanacker (B), Jeroen Van den Borre (B), Peter Van Helsdingen (NL), Johan Van Keer (B), Koen Van Keer (B), Herman Vanuytven (B), Gie Wyckmans (B).