ARACHNOLOGISCHE GESELLSCHAFT

Spinne des Jahres 2020

Die Gerandete Jagdspinne Dolomedes fimbriatus (Clerck, 1757)

Dolomedes fimbriatus gehört zur Familie der Jagdspinnen (Pisauridae). Diese Spinnenfamilie zählt weltweit 356 Arten. In Europa kommen 7 Arten vor. Die Gattung Dolomedes ist in Europa mit 2 Arten vertreten: D. fimbriatus und D. plantarius (Clerck, 1757), die große Jagdspinne.

Die Gerandete Jagdspinne ist paläarktisch verbreitet. In Mitteleuropa ist die Art meist in der planar-kollinen Höhenstufe (bis 800 m Seehöhe) vertreten, in Österreich gibt es Fundmeldungen bis 1250 m Seehöhe. Sie kann stellenweise sogar sehr häufig angetroffen werden.

Durch die Zerstörung vieler ihrer bevorzugten Lebensräume (Moore und Feuchtgebiete) ist Gerandete Jagdspinne seltener geworden, gilt aber noch nicht als gefährdet. In der Roten Liste der Spinnen Deutschlands (2016) steht sie auf der Vorwarnliste. Aufgrund des Klimawandels ist allerdings zu erwarten, dass sie künftig doch in eine Gefährdungskategorie eingestuft werden wird.

Laut deutschem Bundesnaturschutzgesetz sind beide Jagdspinnenarten unter den vier einzigen besonders geschützten Arten, Dolomedes plantarius ist sogar eine von zwei streng geschützten Arten.

Text: Christoph Hörweg

Beschreibung

Mit Körperlängen von 15-22 mm bei Weibchen bzw. 10-13 mm bei Männchen ist die Gerandete Jagdspinne eine der größten heimischen Spinnen. Der Körper wirkt ausgesprochen untersetzt und kräftig. Die Grundfärbung der Adulten ist gelbbraun bis schwarzbraun, bei Jungtieren grünlich bis oliv und die Körperseiten haben meist helle Randstreifen (daher der deutsche Name), die sich über die ganze Längsseite des Vorder- und Hinterkörpers ziehen. Diese müssen allerdings nicht immer ausgebildet sein.

Lebensweise

Die Gerandete Jagdspinne überwältigt ihre Beutetiere frei jagend ohne Fangnetz. Sie lebt vorzugsweise an Ufern stehender und (langsam) fließender Gewässer, in Sumpfgebieten, in Mooren, auch auf Feuchtwiesen und in Au- bzw. Bruchwäldern. Dort lauert sie auf der Wasseroberfläche in der Nähe von Pflanzen auf (Wasser-) Insekten, Kaulquappen und kleine Fische. D. fimbriatus bewegt sich bei der Jagd geschickt auf der Wasseroberfläche. Sie liegt mit dem ganzen Körper im Wasser, kann aber dank ihrer dichten Körperbehaarung die Oberflächenspannung des Wassers nutzen und über Wasser bleiben. Bei Gefahr oder um Beute zu machen, kann sie auch abtauchen. Dabei bildet sich eine Luftblase um ihren Körper, die nach dem Auftauchen platzt und eine trockene Spinne aus dem Wasser entlässt.

Die Paarung erfolgt meist im Mai oder Juni. Ab Ende Juni erfolgt die Eiablage und danach wird der ca. 1 cm große Kokon (mit bis zu 1000 Eiern) vom Weibchen ständig mitgetragen, und zwar mit den Giftklauen (und nicht wie bei Wolfspinnen an den Spinnwarzen befestigt!). Kurz vor dem Schlüpfen wird der Kokon in der Ufervegetation aufgehängt, mit einem Gespinst umgeben und bewacht. Später können weitere Eiablagen folgen, bei denen aber die Eizahl und Größe von Kokon zu Kokon abnehmen. Die Entwicklung der Jungspinnen ist offenbar zweijährig. Sie überwintern meist subadult und häuten sich Anfang Mai zum letzten Mal.

Dolomedes fimbriatus ist fast ganzjährig, zumindest von März bis Oktober anzutreffen, vor allem die Weibchen.  Es ist davon auszugehen, dass zumindest diese mehrjährig leben, die Hauptaktivitätszeit der Männchen erstreckt sich von Mai bis August.

Die große Jagdspinne

In (Mittel-) Europa kommt eine weitere Art vor, nämlich Dolomedes plantarius mit ähnlichem Habitus (meist ohne helle Seitenstreifen) und Größe (Körperlänge Männchen 10-16 mm, Weibchen 13-20 mm) sowie einem ähnlichen Lebensraum, eventuell mit einer Bevorzugung von größeren See- und Moorgebieten. Sie scheint noch stärker an das Wasser gebunden zu sein und benötigt besonnte und offene Uferflächen zur Fortpflanzung. Diese Art ist verstärkt von April bis August anzutreffen, die Weibchen noch ein bisschen länger bis September. Generell wird diese Art aber selten gefunden. Eine sichere Unterscheidung ist allerdings nur nach Geschlechtsmerkmalen möglich.

Text: Christoph Hörweg

Als eine der größten heimischen Spinnen an Gewässerufern ist sie gut sichtbar und zeigt zudem eine bemerkenswerte Anpassung an ihren Lebensraum, der leider immer mehr bedroht und gefährdet ist. Diese Art ist vor allem durch den Verbau von Ufern, die Beseitigung von Röhricht- und Schwimmblattvegetation, das Austrocknen von Mooren und die Verkleinerung entsprechender Wasserlebensräume gefährdet.

Mit der Wahl der Spinne des Jahres soll aber nicht nur eine „wenig beliebte“ Tiergruppe ins rechte Licht gerückt und auf einen bedrohten Lebensraum hingewiesen werden, sondern gleichzeitig erhoffen sich die Wissenschaftler, Daten zur aktuellen Verbreitung zu bekommen. In diesem Sinne: erfreuen Sie sich an der Spinne des Jahres und helfen Sie mit ihrer Fundmeldung oder ihrem Foto bei der Dokumentation dieser Art.

Gewählt wurde die „Europäische Spinne des Jahres“ von 83 Arachnologen aus 26 europäischen Ländern. Die Koordination der Wahl liegt beim Naturhistorischen Museum Wien, in Zusammenarbeit mit der Arachnologischen Gesellschaft (AraGes) und der European Society of Arachnology (ESA).

Beteiligte Länder

Albania, Austria, Belgium, Bulgaria, Croatia, Czech Republic, Denmark, Finland, France, Germany, Great Britain, Hungary, Ireland, Italy, Liechtenstein, Macedonia, The Netherlands, Norway, Poland, Portugal, Serbia, Slovakia, Slovenia, Spain, Sweden, Switzerland

Unterstützende Gesellschaften

Contact for Europe

Dr. Milan Řezáč
Biodiversity Lab, Crop Research Institute
Drnovská 507
161 06 Praha 6 – Ruzyně
Czech Republic
reza(a)cvurv.cz

Verbreitung in Europa

Wikis und Fotogalerien

  • Bellmann H 2016 Der Kosmos Spinnenführer. Franckh-Kosmos Stuttgart. 429 pp.
  • Blick T, Bosmans R, Buchar J, Gajdoš P, Hänggi A, Helsdingen P van, Růžička V, Staręga W & Thaler K 2004 Checkliste der Spinnen Mitteleuropas. Checklist of the spiders of Central Europe. (Arachnida: Araneae). Version 1. Dezember 2004
  • Foelix RF 2015 Biologie der Spinnen. Edition Chimaira, Frankfurt am Main. 430 pp.
  • Hänggi A, Stöckli E & Nentwig W 1995 Lebensräume mitteleuropäischer Spinnen. Charakterisierung der Lebensräume der häufigsten Spinnenarten Mitteleuropas und der mit diesen vergesellschafteten Arten. – Miscellanea Faunistica Helvetiae 4: 1-459
  • Harms D, Dunlop JA & Schütt K 2009 Neue Nachweise der Gerandeten Wasserspinne Dolomedes plantarius in Brandenburg (Araneae: Pisauridae). – Arachnologische Mitteilungen 37: 1-8. doi: 10.5431/aramit3701  
  • Helsdingen PJ van 2019 Araneae. In: Fauna Europaea version 2017.06 – (link) (20.12.2019)
  • Leroy B, Paschetta M, Canard A, Bakkenes M, Isaia M & Ysnel F 2013 First assessment of effects of global change on threatened spiders: Potential impacts on Dolomedes plantarius (Clerck) and its conservation plans. – Biological Conversation 161: 155-163
  • Milano F, Pantini P, Cavalcante R & Isaia M 2018 Notes on the Italian distribution of Dolomedes plantarius (Clerck, 1757), species assessed for the IUCN Red List (Araneae: Pisauridae). – Fragmenta Entomologica 50(1): 69-74. doi: 10.4081/fe.2018.285
  • Nentwig W, Blick T, Gloor D, Hänggi A & Kropf C 2019 araneae – Spiders of Europe, version 12.2019 – (link) (20.12.2019)
  • Nyffeler M, Vetter RS 2018 Black widow spiders, Latrodectus spp. (Araneae: Theridiidae), and other spiders feeding on mammals. – Journal of Arachnology 46: 541-548
  • Reichholf JH & Steinbach G 1997 Die grosse Enzyklopädie der Insekten, Spinnen- und Krebstiere, Band 1. Bertelsmann Lexikon Verlag Gütersloh. 360 pp.
  • Wiki AraGes 2019 Wiki der Arachnologischen Gesellschaft e.V. – (link) (20.12.2019)
  • World Spider Catalog 2019 World Spider Catalog, version 20.5. Natural History Museum Bern – (link) (20.12.2019)