Spinne des Jahres 2025
Die Gewöhnliche Fischernetzspinne Segestria senoculata (Linnaeus, 1758)
Die Gewöhnliche Fischernetzspinne, Segestria senoculata (Linnaeus, 1758), gehört zur Familie der Fischernetzspinnen (Segestriidae). Diese Spinnenfamilie besteht weltweit aus fünf Gattungen mit 181 Arten. Die Gattung Segestria (Echte Fischernetzspinnen) umfasst 22 Arten, von denen acht Arten auch in Europa vorkommen.
Die Gewöhnliche Fischernetzspinne ist paläarktisch verbreitet und kommt in ganz Europa vor. Die Höhenverbreitung reicht von der planar-kollinen Höhenstufe (bis 800 m Seehöhe) bis zur Waldgrenze in ca. 2200 m Höhe (in den Zentralalpen). Segestria senoculata lebt im Wald und in Block- und Schutthalden. Aufgrund ihrer Häufigkeit und einer großen Habitatverfügbarkeit wird sie in den Roten Listen als nicht gefährdet eingestuft.
Text: Christoph Hörweg & Norbert Milasowszky
Beschreibung
Die Körperlänge von Segestria senoculata beträgt bei Weibchen 7–10 mm, die Männchen sind mit 6–9 mm etwas kleiner. Beide Geschlechter ähneln sich in Färbung und Zeichnung. Der Vorderkörper ist glänzend braun, der ovale Hinterkörper blass beige/grau, dorsal mit dunkelbraunem, gelappten/lateral gebuchtetem Mittelband (ähnlich dem dunklen Muster einer Kreuzotter). Die Beine sind hellbraun und weisen eine dunkle Ringelung auf.
Die meisten Spinnenarten haben acht Augen, die Fischernetzspinnen besitzen jedoch nur sechs, die in drei Gruppen von je zwei Augen angeordnet sind und von oben gesehen ein grobes "H" bilden.
Lebensweise
Wie alle Fischernetzspinnen ist die Gewöhnliche Fischernetzspinne vorwiegend nachtaktiv und legt für den Beutefang ein charakteristisches Spinnennetz an. Das ist ein röhrenförmiger Gespinstschlauch in Ritzen, Spalten (unter Baumrinde, Steinen etc.) und vom Vordereingang der Wohnröhre gehen strahlenförmig einzelne Seidenfäden aus, die als Stolperdrähte für vorbeikommende Beutetiere (vor allem Insekten) angelegt werden und entsprechende Vibrationen weiterleiten.
Nach Einbruch der Dunkelheit bewegt sich Segestria senoculata zum Eingang der Wohnröhre, wo sie auf Beute lauert. Dabei zeigt sie eine für alle Fischernetzspinnen charakteristische Beinstellung: Die ersten drei Beinpaare sind nämlich zusammen nach vorne und das vierte Beinpaar nach hinten gerichtet. Keine anderen Spinnen zeigen eine derartige Beinstellung!
In der Paarungszeit verlassen die Männchen die Wohnröhren, um sich auf die Suche nach Weibchen zu begeben. Geschlechtsreife Tiere der Gewöhnlichen Fischernetzspinne können ganzjährig angetroffen werden. Trifft ein paarungsbereites Männchen auf das Netz eines Weibchens, rüttelt es an den Signalfäden. Reagiert das Weibchen nicht aggressiv, kommt es zur Paarung, bei der das Männchen mit gespreizten Kieferklauen den Hinterkörper des Weibchens umklammert.
Nach der Paarung werden die Eier vom Weibchen in der Wohnröhre befruchtet und in einen ovalen Kokon eingesponnen; dieser enthält zwischen 60 bis 180 Eier. Die Gewöhnliche Fischernetzspinne benötigt ebenso wie ihre beiden mitteleuropäischen Schwesterarten rund zwei Jahre bis zur Geschlechtsreife.
Ähnliche Arten
In Mitteleuropa kommen noch zwei weitere Segestria-Arten vor: die Bayerische Fischernetzspinne, Segestria bavarica, die etwas größer ist (bis 14 mm) und deren dunkle Flecken am Hinterleib nicht durchgehend sind, und die Mächtige Fischernetzspinne, Segestria florentina, die bis zu 22 mm groß wird und einen gänzlich schwarz gefärbten Körper hat.
Text: Christoph Hörweg & Norbert Milasowszky
Mit dieser Art kann erstmals ein Vertreter der Fischernetzspinnen vorgestellt werden mit einigen Eigenheiten: sechs statt acht Augen, charakteristisches Spinnennetz, einzigartige Beinstellung!
Mit der Wahl der Spinne des Jahres soll aber nicht nur eine „wenig beliebte“ Tiergruppe ins rechte Licht gerückt und auf bedrohte Lebensräume – hier natürliche Kleinstlebensräume wie Ritzen und Löcher an Baumrinde und Felsen – hingewiesen werden, sondern gleichzeitig erhoffen sich die Wissenschaftler, Daten zur aktuellen Verbreitung zu bekommen. In diesem Sinne: halten Sie beim nächsten Spaziergang im Wald, bei der nächsten Wanderung auf den Bergen die Augen offen und helfen Sie mit ihrer Fundmeldung/ihrem Foto bei der Dokumentation dieser Art.
Die Koordination zur Spinne des Jahres liegt beim Naturhistorischen Museum Wien, in Zusammenarbeit mit der Arachnologischen Gesellschaft (AraGes) und der European Society of Arachnology (ESA).
Christoph Hörweg & Norbert Milasowszky
Beteiligte Länder
Albania, Austria, Belgium, Bulgaria, Croatia, Czech Republic, Denmark, Finland, France, Germany, Great Britain, Hungary, Ireland, Italy, Liechtenstein, Luxembourg, Macedonia, The Netherlands, Norway, Poland, Portugal, Serbia, Slovakia, Slovenia, Spain, Sweden, Switzerland
Unterstützende Gesellschaften
- ARABEL - Belgische Arachnologische Vereniging
- ARAGES - Arachnologische Gesellschaft
- BAS - The British Arachnological Society
- CAS - Česká arachnologická společnost
- ESA - European Society of Arachnology
- GIA - Grupo Ibérico de Aracnología
- NATURDATA - Biodiversidade online
Kontakt für Europa
Dr. Milan Řezáč
Biodiversity Lab, Crop Research Institute
Drnovská 507
161 06 Praha 6 – Ruzyně
Czech Republic
reza(a)cvurv.cz
Verbreitung in Europa
- Verbreitung nach araneae Spinnen Europas
- in Österreich
- in Benelux-Ländern
- in Tschechien
- in Deutschland
- in Italien
- in der Schweiz
Wikis und Fotogalerien
- Wiki des Spinnen-Forum
- Wikimedia commons
- araneae - spiders of Europe
- Pierre Ogers Galerie Arachno (Les araignées de Belgique e de France )
- Fotogalerie der ehemaligen Nachweiskarten (spiderling.de)
Arachnologische Gesellschaft e.V. 2024 Atlas der Spinnentiere Europas (Arachnida: Araneae, Opiliones, Pseudoscorpiones, Amblypygi, Solifugae, Scorpiones, Schizomida) für Segestria senoculata – (link) (29.11.2024)
Arachnologische Gesellschaft e.V. 2024 Wiki des Spinnen-Forums – (link) (29.11.2024)
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